Seit 1 Januar 2023 weht kein Lüftchen mehr in der Bergluft, die Wirtschaft hat geschlossen. Damit ist eine ganze Wirtshausepoche in Wintershof zu Ende gegangen.

In Wintershof gab es nachweislich vor 1800 einen „Wirth“. Die Wirtschaft wurde mehrmals verkauft, bis mit der Familie Russer eine gewisse Beständigkeit einkehrte: 1858 war Sebastian Russer als Besitzer eingetragen, Augustin Russer war ab 1875 Wirt . Von ihm übernahm Josef Seitz den Betrieb. Seit über 110 Jahren lief die Wirtschaft unter der Regie der Familie Seitz. Der Urgoßvater vom letzten Wirt Robert Seitz  Josef Seitz  übernahm im Jahr 1911 die Wirtschaft vom Vorgängerwirt Augustin Russer. Das alte kleine Gebäude wurde durch einen mehrstöckigen Neubau ersetzt. Xaver Seitz, der Sohn von Josef Seitz, heiratete 1930 Katharina Schöpfel und war der neue Wirt. 1965 übergab er seine Gastwirtschaft an seinen Sohn Erwin Seitz und dessen Ehefrau Walburga. Mit dem Erweiterungsbau gab er seiner Wirtschaft den neuen Namen „Bergluft“. Seit 1998 bis Ende 2022 führte Robert Seitz den Betrieb.

Die Nachricht von der Schließung der Wirtschaft schlug wie eine Bombe bei den Wintershofern ein. „Wohin gehen wir zum Frühschoppen?“, waren die erste Reaktion bei den älteren Wintershofern. Hier zeigt sich, wie wichtig und wertvoll regelmäßige Treffen besonders für die Senioren sind. Hier werden soziale Kontakte gepflegt und Neuigkeiten ausgetauscht. Die digitalen Netzwerke spielen bei dieser Personengruppe nur eine untergeordnete Rolle. Mit der Schließung der örtlichen Wirtschaft bricht die Verbindung zur Dorfbevölkerung weg.

Schon vor dem 2. Weltkrieg war in Wintershof der Kirchweihtanz bekannt. Die unverheirateten Mädchen wurden mit Musik von ihren Häusern abholt und zum „Kerwabaum“ geführt. Kerwabuam luden sie dann zum Tanz um den Kerwabaum ein.

Die Kerwa in Wintershof war gut besucht, gab es doch einen für damalige Verhältnisse großen Tanzsaal im 1. Stock der Wirtschaft. Auch nach dem Krieg war das Gasthaus bekannt für seine hausgemachten Brotzeiten wie Sülzen, Bratwürste, Tatar oder Presssack. Viele Gäste schätzten den knusprigen Gänsebraten an Kirchweih. BBC, Fliegerclub, die Preither Volksgesangsgruppe waren regelmäßige Gäste  in der warmen Gaststube mit dem Kachelofen. Auch die Wintershofer tauschten über Jahrzehnte hinweg am Freitagabend oder zum sonntäglichen Frühschoppen die Neuigkeiten aus und spielten Schafkopf. In guter Erinnerung sind die Abende, wenn der Wirt seine Diatonische herausholte und alte Lieder gesungen wurden.

Die bekannten Wirtsleute Walburga und Erwin Seitz haben ihr Wirtshaus unter schwierigen Bedingungen jahrzehntelang geführt. 7 Kinder wurden groß gezogen, die Tageskundschaft und die Übernachtungsgäste waren zu versorgen. Der Metzgerladen erforderte viel Zeit und häufiges Treppensteigen zur „Selche“ waren notwendig. Der Wirt Erwin Seitz war oft als Metzger bei Hausschlachtungen außer Haus oder arbeitete im Steinbruch oder als Bauer auf dem Feld. 1986 füllte die Familie Seitz auf dem Eichstätter Volksfest als Festwirt die Maßkrüge.

Der Entschluss, die Wirtschaft zu schließen, fiel dem letzten Wirt Robert Seitz sicherlich nicht leicht. Der Renovierungsbedarf, die Reparatur von verschiedenen Geräten und vor allem die offene Nachfolgefrage besiegelten das Ende der Bergluft. Die Wirtschaft als Kommunikationszentrum, Treffpunkt oder Versammlungsort werden vor allem den Tiefe-Tal-Bauern, die Jagdgenossenschaft, der Verein d’Wintershofer und die Frühschoppler vermissen.

PIC_1520

PIC_1521

Bergluft 1990

Bergluft 2019

Kirchweih Richtung Müller

Kirchweih ca

Kirtchweih Moier Voglbauer